5. Die Auswirkungen der Bautätigkeiten im Jahre 1941: Landwirtschaft leidet

Die Gauleitung der NSDAP Schleswig-Holsteins (mit Sitz in Kiel) telegraphierte am 10.November 1941 in ihrem regelmäßigen Bericht an die Reichsleitung der NSDAP nach München: "In der Umgegend Kiels, z.B. in Schönberg, Raisdorf, Flintbek, Bordesholm und Einfeld werden seit einigen Monaten umfangreiche Vorbereitungen für einen großen Wohnungsbau getroffen."[1]

Die Vorgehensweise bei all diesen Aktivitäten ist anscheinend ziemlich rücksichtslos gewesen, insbesondere gegenüber der Landwirtschaft: "Bestellte Felder sind vor der Ernte vernichtet worden und seitdem werden erst einmal die Voraussetzungen für einen Wohnungsbau durch Straßenbau, Planierungen und dergleichen geschaffen und unendliche Materialmengen meist mit Lastkraftwagen hingeschafft. Die Bauten selbst werden dort erst viel später und größtenteils wohl erst nach dem Kriege durchgeführt werden können." Die Parteifunktionäre in Kiel waren offenbar um eine realistische Einschätzung der Situation bemüht und rechneten mit dem Entstehen einiger Bauruinen im Kieler Raum. Im Interesse der Bevölkerung forderten sie daher: " Es sollte aber eigentlich selbstverständlich sein, dass die bei diesen Bauten eingesetzten Kraftfahrzeuge mit ihren Treibstoffen und Arbeitern zunächst einmal eingesetzt werden, um die Hackfruchternte zu bergen und die Städte mit den notwendigsten Lebensmitteln für den Winter zu versorgen."

Aus dem Bericht wird weiterhin deutlich, dass die ersten Bombenangriffe auf Kiel auch in den Dörfern der Umgebung größere Schäden verursacht haben: "Aus landwirtschaftlichen Kreisen wird darüber geklagt, dass ihr für den Wiederaufbau der durch Bomben zerstörten bezw. beschädigten Häuser, Wirtschaftsgebäude, Scheunen usw. nicht genügend Baumaterial zur Verfügung gestellt würde, während in den Städten relativ mehr auf diesem Gebiet getan würde." Das notwendige Material, die Treibstoffe und die Arbeitskräfte wurden dagegen für den Bau der zahlreichen Finnenhaussiedlungen und Zwangsarbeiterlager gebraucht.


[1] Dieses und die nachfolgenden Zitate aus: LAS Abt.454, Nr.4 I, S.301090. In Schönberg, Flintbek, Bordesholm und Einfeld sind Finnenhaussiedlungen erbaut worden. Größere Barackenlager zur Unterbringung von Zwangsarbeitern wurden in Schönberg, Raisdorf, Flintbek und Bordesholm errichtet.