Schleswig als Sammelanstalt für psychisch
erkrankte Zwangsarbeiter
und die Problematik ihrer Rückführung
(von Harald Jenner)[1]

Während des 2. Weltkrieges wurden mehrere Millionen Menschen als Zwangsarbeiter zur Arbeit in Deutschland verpflichtet. Ernsthaft erkrankte Arbeiter schob man in ihre Heimatländer ab. Die Sammelstellen für kranke Ostarbeiter, die auf ihre Rückführung nach Polen oder in das besetzte Gebiet der Sowjetunion warteten, hatten besonders hohe Sterblichkeitsraten. Die Rückführung psychisch krank gewordenen Ostarbeiter wurde von der Berliner Euthanasiezentrale organisiert. Im September 1944 regelte ein Erlass des Reichsinnenministers die Frage, welche Anstalten die Ostarbeiter bis zu ihrer Rückführung aufnehmen sollten.

Für Schleswig-Holstein und Hamburg fiel die Wahl auf Schleswig-Stadtfeld. Hauptsächlich aus Hamburg-Langenhorn aber auch aus anderen Krankenhäusern kamen in den nächsten Monaten zahlreiche kranke Ostarbeiter nach Stadtfeld. Weitertransporte sind nur zwei bekannt, einen Transport von 27 Personen (6 Männern und 21 Frauen) führte man bereits eine Woche nach dem Sammelstellenerlass durch. Das Ziel dieses Transportes konnte nicht ermittelt werden. So ist es ungeklärt, ob die Schleswiger Patienten aus Stadtfeld in ihre Heimat zurückkehrten, oder ob sie Opfer von NS-Verbrechen wurden.

Der zweite Transport von Ostarbeitern fand im November 1944 statt. 48 Patienten (20 Männer, 28 Frauen) wurden nach Lüneburg verlegt. Lüneburg war Aufnahmstelle für kranke Zwangsarbeiter aus Bremen, Hannover, Braunschweig. Ob die Schleswiger Patienten gemeinsam mit Lüneburgern weitertransportiert wurden, ist bislang ungeklärt. Es ist zumindest bekannt, dass zahlreiche psychisch Kranke Ostarbeiter getötet wurden, ob darunter auch die Schleswiger sind, ist nicht auszuschließen.


[1]Harald Jenner: Die Geschichte einer psychiatrischen Klinik, Schleswig 1995, S.115.