Kontrolle der Lebensbedingungen

 Um die Einhaltung der Bestimmungen des Genfer Abkommens zu erreichen, wurde in seinem Artikel 86 festgelegt, dass jedes Land für die Kriegsgefangenen eine Schutzmacht erhält, die Verstöße gegen das Abkommen verhindern, gegebenenfalls registrieren und durch Vermittlungsvorschläge rückgängig machen sollte: „Die Vertreter der Schutzmacht und ihre zugelassenen Delegierten sind ermächtigt, sich ohne Ausnahme an alle Örtlichkeiten zu begeben, wo Kriegsgefangene untergebracht sind. Sie haben Zugang zu allen Räumen, die mit Kriegsgefangenen besetzt sind, und können sich mit diesen, im allgemeinen ohne Zeugen, persönlich oder durch Vermittlung von Dolmetschern unterhalten. Die Kriegsführenden haben den Vertretern und den zugelassenen Delegierten der Schutzmacht ihre Aufgabe in möglichst weitem Ausmaß zu erleichtern. Die Militärbehörden sind von ihrem Besuch zu benachrichtigen.“ (Art. 86)

Bei einer Kommandozahl, die anfangs zwischen 3000 und 4000 schwankte und später immer über 1000 lag, versteht es sich von selbst, dass die Delegationen diese nicht alle besuchen konnten. „Die Delegierten des IKRK haben dieses Stalag sowie eine kleinere Anzahl von Arbeitskommandos regelmäßig besucht, während sie sich bemühten, über die anderen, die sie nicht besuchen konnten, möglichst viele Informationen zu erhalten.“[47] Um dieses zu erreichen, fanden regelmäßig Gespräche mit den Vertrauensmännern der Gefangenen statt. Die Vertrauensmänner sollten die Gefangenen gegenüber den Militärbehörden und Schutzmächten vertreten und Sammelsendungen in Empfang nehmen und verteilen. Die Bestimmung zum Vertrauensmann unterlag der Genehmigung der Militärbehörden (Art. 43).

Der Besuchsbericht vom Januar 1943 nennt als Kriterium für Wahlen, die mit Zustimmung der deutschen Behörden in jeder Kompanie erfolgt waren: jung, aktiv, gebildet, Deutschkenntnisse, Verantwortungsbewusstsein gegenüber den Kameraden und dem „Chef“ (Marschall Petain).

Marschall Petain arbeitete als Staatschef der Vichy-Regierung mit dem Deutschen Reich zusammen und versuchte, in Frankreich ein autoritäres System einzuführen. Am 5. 8. 1945 wurde er wegen Hoch- und Landesverrat zum Tode verurteilt, jedoch zu lebenslanger Haft begnadigt.

Die Tätigkeit als Vertrauensmann der Kriegsgefangenen sollte auf die Arbeitszeit angerechnet werden (Art. 44), was im Stammlager XA nicht richtig erfüllt wurde. So wird am 7. 10. 1943 Beschwerde darüber geführt, dass in vielen Kommandos die Vertrauensleute zu wenig Zeit für ihre Aufgaben hätten.

Der Kontakt zu den Delegierten verlief auf zwei Wegen. Zum einen besuchten diese auf Rundreisen - z.B. fanden im Januar 1943 drei statt - die Kompanien und unterhielten sich dort mit den Vertrauensleuten. „Schließlich haben wir einem Bericht vom April 1943 der Mission Scapini - eine von der Vichy-Regierung gebildete ständige Mission zum Besuch von Lagern französischer Kriegsgefangener - eine Liste von Arbeitskommandos entnommen, deren Vertrauensmänner sich in Rendsburg versammelt hatten.“[48]

Zum anderen kamen die Vertrauensmänner, die regelmäßig Kontakt zu den Arbeitskommandos hatten, jeden Monat ins Stammlager, um zu berichten (7. 10. 1943).

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[47] Schreiben des IKRK vom 22.7.1981 an den Verfasser

[48] ebenda

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