Arbeitszeit

„Die tägliche Arbeitsdauer der Kriegsgefangenen, einschließlich des Hin- und Rückmarsches, hat nicht übermäßig zu sein und keinesfalls diejenigen zu übersteigen, die für Zivilarbeiter der betreffenden Gegend bei der gleichen Arbeit zulässig ist. Jedem Kriegsgefangenen ist wöchentlich eine Ruhe von vierundzwanzig aufeinanderfolgenden Stunden, vorzugsweise Sonntags zu gewähren.“ (Art. 30)

Es ist unmöglich, allgemeine Aussagen über die Arbeitszeit für das Gebiet des Stalags XA zu treffen. Lediglich der Hinweis, dass die tägliche Arbeitszeit für deutsche Arbeiter in der Regel acht Stunden betrug. Die Anzahl der Kommandos und die unterschiedlichen Arbeitsbereiche erfordern örtliche Forschungen, um Vergleiche mit den Arbeitsbedingungen der Deutschen zu treffen.

Nötig sind diese Studien auch deshalb, weil in den Verordnungen über den Einsatz von Kriegsgefangenen im Deutschen Reich die Bestimmungen von Genf ausgehöhlt wurden. Bestimmt der Artikel 30, dass die Arbeitszeit keinesfalls diejenige eines deutschen Zivilarbeiters übersteigen darf, so klingen die Formulierungen sowohl in einer Verfügung des OKW vom 20. 4. 1940 als auch im Erlass vom 7. 4. 1942 etwas anders. OKW: „Die Kr. Gef. [Kriegsgefangenen R. S.] haben daher unter allen Umständen mindestens die gleiche Arbeitszeit einzuhalten, welche z.Zt. von den deutschen Bauern und Arbeitern einzuhalten ist.“[59]

Erlass vom 7. 4. 1942: „Die tägliche Arbeitszeit der Kriegsgefangenen soll einschließlich des Hin- und Rückmarsches nicht übermäßig, jedoch auch nicht geringer sein als die des deutschen Arbeiters an der gleichen Arbeitsstelle.“ Das Genfer Abkommen legte eine 24stündige aufeinanderfolgende arbeitsfreie Zeit fest. Im Erlass vom 23. 7. 1942 heißt es: „Die Arbeitszeit richtet sich nach den kriegsbedingten Verhältnissen des Betriebes. Die Kriegsgefangenen haben Anspruch auf die zur Erhaltung der Leistungsfähigkeit [nicht Gesundheit R. S.] erforderliche Ruhezeit. (...)“. Am deutlichsten beschrieb der Erlass vom 12. 8. 1940, wie lange die Kriegsgefangenen eingesetzt werden sollten. Er führte als neues Kriterium - neben dem Ortsgebrauch - die körperliche Leistungsfähigkeit an: die „Arbeitskraft ist auf das schärfste anzuspannen.“ Trotz der erwähnten Schwierigkeiten, können einzelne Aussagen für das Gebiet des Stammlagers XA getroffen werden.

„In 10 dieser Arbeitskommandos müssen die Gefangenen sehr mühselige Arbeiten verrichten. Sie müssen selbst sonntags arbeiten und bekommen auch keinen Urlaub dafür in der Woche.“ (18. 11. 1941)

In vielen Kommandos wurde die durchschnittliche Arbeitszeit von 8 Stunden überschritten, z.B. Gelting, Rabenholz, Pommerby, Bredeneek, Grebin.

Der Transport zur Arbeit erfolgte auf Kosten der Arbeitgeber[60], so dass häufig als billigste Methode lange Fußmärsche gefordert wurden, z.B. in Elmschenhagen Nr. 846. Hier mussten die Kriegsgefangenen das Lager um 4.30 Uhr verlassen und kehrten abends um 19.30 Uhr zurück. Ihr Fußmarsch betrug je 12 km.

 

Arbeit für den Krieg

Am 20. April 1942 verkündete der Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz, Sauckel: „Alle schon in Deutschland befindlichen Kriegsgefangenen, sowohl aus den West- wie auch aus den Ostgebieten, müssen soweit dies noch nicht geschehen ist, restlos der deutschen Rüstungs- und Ernährungswirtschaft zugeführt werden.“[61]

Diese Ankündigung - Einsatz in der Rüstungsindustrie - verstieß gegen die Genfer Konvention. Dort heißt es im dritten Kapitel: „Verbotene Arbeit“ (Art. 31), die Arbeiten dürfen " in keiner unmittelbaren Beziehung zu den Kriegshandlungen stehen. Insbesondere ist verboten, Gefangene zur Herstellung und zum Transport von Waffen und Munition aller Art sowie zum Transport von Material zu verwenden, das für die kämpfende Truppe bestimmt ist.“

Diese Regelung wurde auch im Erlass „Einsatz von Kriegsgefangenen in Arbeitsstellen“ bestätigt und gleich wieder eingeschränkt: „Kriegsgefangene können (...) bei (...) kriegswichtigen Arbeitsvorhaben eingesetzt werden.“ [62]

Im Gebiet des Stammlagers XA wurden Kriegsgefangene entgegen diesen Bestimmungen zu Befestigungsarbeiten (Schanzarbeiten), zur Arbeit auf Flugplätzen und zur Herstellung von Waffen eingesetzt. Im Bericht vom 29. 3. 1944 wird Klage darüber geführt, dass die Gefangenen zu Befestigungsarbeiten an der Nordsee und in der Rüstungsproduktion eingesetzt würden. Dies führe zu schweren Gewissenskonflikten, da man Waffen gegen die kämpfenden Landsleute produzieren müsste.

Zum Verstoß gegen den Artikel 31 seien hier einige Kommandos genannt, weitere ergeben sich aus der Tabelle am Schluss dieses Buches::

1092 Kiel: Einsatz in der Kriegsindustrie (25. 6. 1943),

878 Neumünster: Arbeit im Flugzeugwerk (5./ 6. 11. 1942),

991 Neumünster: Rüstungsarbeiten, Kommandant verweigert hierzu die Aussage (20. 11. 1941),

329 Pinneberg: Herstellung von Bomben (9.11. 1942).

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[59] Abschrift im GAB - Abt. Ausländerwesen

[60] Runderlass des RMdI vom 12.8.1940

[61] IMG, Nürnberg 1947, Bd. 1, S. 277

[62] Runderlass des RMdI vom 12.8.1940

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