Die Neufassung der "Ostarbeiterabgabe" im Juni 1942

Jetzt war es für "Ostarbeiter" möglich, mehr als 20 Reichsmark in der Woche zu verdienen!

 

Die "Verordnung über die Einsatzbedingungen der Ostarbeiter" vom 30. Juni 1942 (Reichsgesetzblatt 1942, Teil I, S.419-424)

 

§2 "Die im Reich eingesetzten Ostarbeiter stehen in einem Beschäftigungsverhältnis eigener Art. Die deutschen arbeitsrechtlichen und arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften finden auf sie nur insoweit Anwendung, als dies besonders bestimmt wird."

§3 "Die im Reich eingesetzten Ostarbeiter erhalten ein nach ihrer Leistung abgestuftes Arbeitsentgelt. Die Höhe dieses Entgeltes bemisst sich nach der Tabelle, die dieser Verordnung als Anlage beigefügt ist."

§4 "Die Ostarbeiter haben ... keinen Anspruch auf Zuschläge zum Arbeitsentgelt für Mehrarbeit, Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit. Trennungs- und Unterkunftsgelder sowie Auslösungen und Zehrgelder dürfen nicht gezahlt werden."

§5 "Die vom Unternehmer gewährte Unterkunft und Verpflegung sind nach den Sätzen in Rechnung zu stellen, die sich aus der dieser Verordnung beigefügten Tabelle ergeben. Sonstige Sachleistungen, wie Bekleidung, Schuhwerk usw., sind zu angemessenen Preisen zu verrechnen. Die Betriebsführer können Fahrtkosten der Ostarbeiter von und zur Arbeitsstätte auf die Gesamtheit der bei ihnen beschäftigten Ostarbeiter umlegen und den in bar nach der Tabelle auszuzahlenden Betrag un diese Umlage kürzen."

§6 "Für die Tage, an denen der Ostarbeiter wegen Krankheit oder Unfall nicht arbeiten kann, ist, soweit nicht Krankenhauspflege gegeben wird, lediglich freie Unterkunft und Verpflegung vom Unternehmer zu stellen."

§7 "Urlaub und Familienheimfahrten werden zunächst nicht gewährt."

§8 "Entgeltabrechnungen sind den Ostarbeitern nicht zu erteilen."

§10 "Arbeitgeber, die Ostarbeiter innerhalb des Deutschen Reiches einschließlich des Protektorats Böhmen und Mähren beschäftigen, haben eine Abgabe und Maßgabe der dieser Verordnung beigefügten Tabelle zu entrichten (Ostarbeiterabgabe). Landwirtschaftliche Arbeitgeber haben nur die Hälfte dieser Abgabe zu zahlen."

§12 "Die Ostarbeiter haben keine Lohnsteuer und keine Bürgersteuer während ihrer Beschäftigung innerhalb des Deutschen Reichs zu zahlen."

§15 "Diese Verordnung tritt mit Wirkung ab 15. Juni 1942 in Kraft."

 

Erläuterung der Neufassung der "Ostarbeiterabgabe" an drei Beispielen

Beispiel 1: Wenn der wöchentliche Bruttolohn eines Deutschen (in einer bestimmten Lohn- bzw. Leistungsgruppe) 14 Reichsmark (RM) beträgt, dann erhält der "Ostarbeiter" für eine vergleichbare Tätigkeit nur 12,60 RM. Für Unterkunft und Verpflegung erhält der Betriebsführer davon noch 10,50 RM, so dass dem "Ostarbeiter" letztendlich für eine Woche Arbeit nur 2,10 RM ausgezahlt werden. Der deutsche Betriebsführer hatte in diesem Fall (laut Tabelle, RGBl 1942, S.423) noch zusätzlich 1,65 RM als "Ostarbeiterabgabe" an den NS-Staat abzuführen.

Beispiel 2: Wenn der wöchentliche Bruttolohn eines Deutschen (in einer bestimmten Lohn- bzw. Leistungsgruppe) 56 Reichsmark (RM) beträgt, dann erhält der "Ostarbeiter" für eine vergleichbare Tätigkeit nur 24,15 RM. Für Unterkunft und Verpflegung erhält der Betriebsführer davon noch 10,50 RM, so dass dem "Ostarbeiter" letztendlich für eine Woche Arbeit nur 13,65 RM ausgezahlt werden. Der deutsche Betriebsführer hatte in diesem Fall (laut Tabelle, RGBl 1942, S.423) noch zusätzlich 29,75 RM als "Ostarbeiterabgabe" an den NS-Staat abzuführen.

Beispiel 3: Wenn der wöchentliche Bruttolohn eines Deutschen (in einer bestimmten Lohn- bzw. Leistungsgruppe) 112 Reichsmark (RM) beträgt, dann erhält der "Ostarbeiter" für eine vergleichbare Tätigkeit nur 35,35 RM. Für Unterkunft und Verpflegung erhält der Betriebsführer davon noch 10,50 RM, so dass dem "Ostarbeiter" letztendlich für eine Woche Arbeit nur 24,85 RM ausgezahlt werden. Der deutsche Betriebsführer hatte in diesem Fall (eigene Berechnung laut Tabelle, RGBl 1942, S.423) noch zusätzlich 74,55 RM als "Ostarbeiterabgabe" an den NS-Staat abzuführen.

 

Home


© Uwe Fentsahm (Brügge, April 2021)