Kriegsgefangene in Schleswig-Holstein

Eine Chronik 1940

[02.01.40] „Bauern haben als Hilfspolizeibeamte keinen Anspruch auf Entgelt, wenn die Kriegsgefangenen bei ihnen auf dem Hof arbeiten.“[1]

[10.01.40] In Berlin verkündet das Oberkommando der Wehrmacht, dass sämtliche Kriegsgefangene sofort über nachstehenden Befehl eingehend zu unterrichten seien: „Den Kriegsgefangenen wird strengstens verboten, unbefugt sich deutschen Frauen oder Mädchen irgendwie zu nähern oder mit ihnen in Verkehr zu treten.“ Zuwiderhandlungen dagegen werden „als Ungehorsam mit Gefängnis bis zu 10 Jahren, unter Umständen … mit dem Tode bestraft“.

[11.01.40] Es war geplant, die im Lande verteilten und in Arbeitseinsatzkommandos tätigen Kriegsgefangenen im Stammlager Sandbostel zusammenzuziehen und von dort aus neu zu verteilen. Es sollten Arbeitseinsatzkommandos mit einer Mindeststärke von 50 Gefangenen gebildet werden. Auf diese Pläne wurde jetzt verzichtet. Es blieb bei der durchschnittlichen Kommandogröße von 20 Gefangenen, aber die Kriegsgefangenen sollten lokal neu verteilt werden.[1]

[29.03.40] Proteste der Bauern: Unterbringungsentschädigung ist zu hoch: Im Winter wurden pro Tag und Kopf 0,40 RM gezahlt und im Sommer 0,20 RM. Der OB von NMS versichert, dass eine Herabsetzung geplant sei, schließlich habe man die Unkosten, die für die Herrichtung des Scheunenanbaus in Brachenfeld entstanden sind, schon wieder eingefahren.[1]

[01.04.40] Der Arbeitseinsatz der polnischen Kriegsgefangenen in Mühbrook ist beendet. Das Kommando wurde abgezogen oder aufgelöst.[2]

[11.05.40] Im Reichsgesetzblatt erscheint die „Verordnung über den Umgang mit Kriegsgefangenen“. Hier heißt es im §1: „Sofern nicht ein Umgang mit Kriegsgefangenen durch die Ausübung einer Dienst- oder Berufspflicht oder durch ein Arbeitsverhältnis der Kriegsgefangenen zwangsläufig bedingt ist, ist jedermann jeglicher Umgang mit Kriegsgefangenen und jede Beziehung zu ihnen untersagt.“ (RGBl 1940, I S.769)

[22.05.40] Auf Befehl des „Führers“ besteht ab sofort die Möglichkeit der „Freilassung polnischer Kriegsgefangener“ und deren Überführung in den Zivilstatus. Ausgenommen von dieser Regelung sind u.a. „alle Offiziere“, die „Intelligenz“ und „zunächst auch noch die zum Betrieb und Ausbau der Lager nötigen Kriegsgefangenen“. Die zu Entlassenden müssen sich allerdings schriftlich verpflichten, „bis zur endgültigen Entlassung durch das Arbeitsamt in die Heimat als freier Arbeiter jede ihm vom Arbeitsamt zugewiesene Arbeit zu verrichten und seine Arbeitsstelle ohne Genehmigung des Arbeitsamtes oder der Polizei nicht zu verlassen.“ Die Freilassung „ist eine freiwillige hochherzige Tat des Führers“, auf die deshalb von Seiten der Kriegsgefangenen kein Rechtsanspruch bestehen könne.[1]

[18.06.40] Aus NMS wird berichtet, dass die im Lager in Brachenfeld untergebrachten 20 Polen „abberufen“ worden seien.[1]

[27.06.40] Der Bürgermeister von NMS schreibt nach Sandbostel und bittet um Ersatz für die abberufenen Polen. Dabei weist er darauf hin, dass ihm „20 Belgier aus dem Bremer Raum“ als Ersatz versprochen worden seien.[1]

[03.07.40] Kommandant Stalag XB Sandbostel an OB NMS: „Anträge auf Zuweisung von Kriegsgefangenen sind über das zuständige Arbeitsamt zur Genehmigung an das stellvertretende Generalkommando Hamburg zu leiten.“[1]

[18.07.40] Neue Belegung des Lagers Brachenfeld in NMS mit 20 kriegsgefangenen Franzosen.[1]

[01.08.40] Die Mühbrooker Bauern erhalten für die abgezogenen Polen durch „12 Stck.“ kriegsgefangene Franzosen Ersatzarbeitskräfte.[2]

[02.11.40] U.a. in den Elmshorner Nachrichten wird die „Neuregelung der Einsatzbedingungen für Kriegsgefangene“ bekanntgegeben. Sie richtet sich in erster Linie an die neu eingetroffenen Kriegsgefangenen aus Frankreich und Belgien. Polnische Kriegsgefangene sind ausdrücklich von dieser Neuregelung ausgenommen: „Erfolgt die Unterbringung und Beköstigung der Kriegsgefangenen außerhalb des Betriebes, so muss der Betriebsführer die dadurch entstehenden Kosten tragen. Wenn die Unterkunft und Verpflegung ganz oder teilweise von der Wehrmacht übernommen wird, so hat der Betriebsführer die festgesetzten Entschädigungsbeiträge an die Wehrmacht zu zahlen. Sie betragen für die tägliche Verpflegung 0,80 RM, nur für die Morgenkost 0,15 RM, nur für die Mittagskost 0,40 RM, nur für die Abendkost 0,25 RM, für die Unterkunft täglich 0,20 RM. Daneben sind für jeden Kriegsgefangenen folgende Barbeträge an die zuständigen Stellen der Wehrmacht abzuführen: je Arbeitstag 0,64 RM, je Arbeitsmonat 16,65 Reichsmark.“

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[1] Stadtarchiv Neumünster, Akte 2861.

[2] Uwe Fentsahm/Nils Lange: Zwangsarbeit und Kriegsgefangenschaft im Amt Bordesholm 1939 - 1945, hrsg. vom Amt Bordesholm, Kiel 2016, S.140.