Robert Bohn, Einführung: Der "Ausländereinsatz" in der deutschen Kriegswirtschaft und der Arbeitskräftebedarf in Flensburg (S.9-41).

 

Mit dieser Einführung fasst Bohn anfänglich einige allgemeine Bestimmungen und Voraussetzungen des Arbeitseinsatzes bezüglich der verschiedenen Nationalitäten aus der bekannten  Literatur zusammen. Hierbei handelt es sich um eine gekürzte ansonsten fast identische Fassung seines Beitrages zum Gutachten. Diese Einführung muss wohl für den "Anfängerleser" im Bereich Zwangsarbeit erfolgen. Er nähert sich dann mit einigen Ausführungen über Schleswig-Holstein der Grenzstadt Flensburg. Für Flensburg bietet er im Vergleich zu Harald Hohnsbehn und Irene Dittrich [4] einige neue Informationen. Es sollten aber mehr Daten, die die Stadt näher beschreiben, wie und ob sie sich von anderen Städten unterscheidet, geliefert werden. Eine systematische Darstellung der Organisation und des Verlaufs des Arbeitseinsatzes in Flensburg sucht der Leser hier wie im gesamten Buch vergebens.

 

Bemerkungen zu einzelnen Aussagen:

 

[S.14] Für die in der Anmerkung 14 erwähnten Zonen, die einen Einsatz von Kriegsgefangenen bzw. Zivilpolen regelten, besteht für Schleswig-Holstein und Flensburg noch weiterer Klärungsbedarf. Die Schlussfolgerung, dass eine Entlassung polnischer Kriegsgefangener in das sogenannte zivile Arbeitsverhältnis lediglich von der Zonenregelung (S.13) abhängig war, trifft nicht zu. Aus Unterlagen des Stalag XA im Zentralmuseum für die Kriegsgefangenen in Lambinowice (Polen) ergibt sich, dass diese Umwandlungen in Schleswig-Holstein auch außerhalb der beschriebenen roten und grünen Zonen teilweise erst im Herbst 1941 erfolgten.

 

[S.26ff.] In seinen Aussagen zum Verlauf des 'Ausländereinsatzes' in Schleswig-Holstein orientiert sich Bohn, er weist darauf hin, an den Ergebnissen Dankers im Gutachten. Nicht nur hier ist die Textgleichheit mit dem Gutachten verblüffend. Manchmal wären Anführungszeichen zwingend gewesen. Bohn konnte den Versuchungen der Kopiertaste am Computer nicht widerstehen. Mit seiner unkritischen Wiedergabe übernimmt er damit zahlreiche zweifelhafte  Behauptungen Dankers, die ihm übrigens bekannt sein dürften.

 

[S.29ff.] Im Rahmen seiner Beschreibung der Beschäftigungsverhältnisse in Flensburg wäre sicherlich eine Auswertung der "Nichtlandwirtschaftliche(n) Arbeitsstättenzählung" sinnvoll gewesen. Warum wird auf diese Quelle in der Literaturliste des Buches auf S.233 hingewiesen, wenn sie dann für das konkrete Projekt nicht benutzt wird?

 

Insgesamt 4.097 Betriebe mit 23.025 Beschäftigten existierten tatsächlich im Stadtkreis Flensburg (bei Bohn sind es nur 2.837 Betriebe (S.30)). Im Bereich der nichtlandwirtschaftlichen Gärtnerei, Tierzucht und Fischerei gab es 56 Betriebe mit 80 Beschäftigten, in Industrie und Handwerk waren es 1.535 Betriebe (10.352 B.), Handel und Verkehr 1.967 Betriebe (8.811 B.) und Öffentlicher Dienst und private Dienstleistungen 539 Betriebe mit 3.782 Beschäftigten.[5]

 

Bei der Auflistung der Beschäftigtenzahlen der Flensburger Schiffsbau-Gesellschaft sollte man nicht mit dem Höchststand von 2.500 Personen im Jahre 1943 enden, sondern mitteilen, dass die Zahl bis zum Frühjahr 1944 auf 2.177 sank.[6]

 

 

[4] Harald Hohnsbehn, Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter in Flensburg. In: Schwensen, Broder (Red.), Ausgebürgert, Ausgegrenzt, Ausgesondert. Opfer politischer und rassischer Verfolgung in Flensburg 1933-1945, Flensburg, S.89-121. Irene Dittrich, Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu den Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Schleswig-Holstein 1, Köln/Frankfurt 1993.

 

[5] Die nichtlandwirtschaftlichen Arbeitsstätten in den Reichsteilen und Verwaltungsbezirken vom 17.5.1939 (Statistik des Deutschen Reiches, Band 568,8, S.47ff.). Die Betriebe wurden zusätzlich noch präziser in  Wirtschaftsbereiche aufgeschlüsselt. Ergebnisse der Volks-, Berufs- und landwirtschaftlichen Betriebszählung 1939 in den Gemeinden (Statistik des Deutschen Reichs, Band 559,7).

 

[6] Irene Dittrich beziffert die Anzahl mit 2.630 im Januar 1943 (S.103). Siehe auch Gerhard Hoch, Rolf Schwarz, Verschleppt zur Sklavenarbeit, Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter in Schleswig-Holstein, Alveslohe und Nützen 1985,  S.161.