Die Daten aus dem 'Arbeitseinsatz' lassen wesentlich konkretere Aussagen über die Beschäftigung der verschiedenen Nationalitäten zu. Hier ließen sich Entwicklungslinien aufzeigen. Die vergleichende Einordnung in die Reichsverhältnisse sollte nicht nur Polen und Ostarbeiter erfassen. An drei Beispielen soll gezeigt werden, dass die Ausführungen zu den Nationalitäten oft zu oberflächlich oder sogar zweifelhaft sind:
1. Am 30.9.1944 arbeiteten in der Provinz laut Danker "5.300 überwiegend nach Mussolinis Sturz verschleppte italienische Arbeitskräfte."(Zwangsarbeit, S.42) Mussolini war am 25.7.1943 abgesetzt worden. Es stellt sich die (im Gutachten nicht geklärte) Frage: Was wurde aus den 4.126 in Schleswig-Holstein am 30.6.1943 erfassten Italienern? Ein Teil von ihnen muss die Provinz verlassen haben, da am 30.9.1944 von den 5.300 italienischen Arbeitskräften rund 2.700 ehemalige Italienische Militärinternierte waren.
2. Danker betont, dass angesichts der Grenzlage die Anzahl der 2.703 Dänen (30.9.1944) überraschend klein sei (Zwangsarbeit, S.42). Er weist zu Recht darauf hin, dass die Bereitschaft der Dänen, im Deutschen Reich zu arbeiten, im Verlauf des Krieges abnahm. Dieser Rückgang fiel sehr deutlich aus, da am 30.6.1943 noch 7.185 Dänen verzeichnet wurden. Am 30.9.44 waren im Deutschen Reich insgesamt 15.658 Dänen beschäftigt. Reichsweit stellten die Dänen 0,3% der ausländischen Beschäftigten, in Schleswig-Holstein waren es 2,0%. Überraschend mag die hohe Anzahl der Dänen in Berlin (7.207) sein. Schleswig-Holstein mit 2.703 Dänen folgte bereits als nächstes. Die Anzahl der in Schleswig-Holstein beschäftigten Dänen reduzierte sich zwischen dem 30.6.1943 und dem 30.9.1944 um 62,4%, während sich der Anteil der Dänen im Deutschen Reich nur um 49,2% verringerte. Gab es für diesen stärkeren Rückgang in Schleswig-Holstein spezifische Gründe? Bei der Betrachtung der Zahlenangabe (2.703 Dänen) muss zusätzlich Folgendes hinterfragt werden: In Schleswig-Holstein lebten am 17.5.1939, dem Datum der Volkszählung, insgesamt 12.029 Ausländer, viele waren Dänen. Wie viele von ihnen arbeiteten bereits vor Ausbruch des Krieges hier und gehören deshalb nicht in den Kontext der Zwangsarbeit?[1]
3. Die polnischen Kriegsgefangenen wurden zum überwiegenden Teil in zivile Arbeitsverhältnisse entlassen. Dieser Vorgang ist allgemein bekannt und Danker verweist auf ihn. In einem Gutachten für Schleswig-Holstein hätten jedoch zumindest zwei Fragen gestellt und beantwortet werden sollen:
A) Warum sind in der Provinz diese Entlassungen erst 1941 durchgeführt worden, während sie reichsweit 1940 praktisch abgeschlossen waren?
B) Viele der polnischen Kriegsgefangenen wurden als Ukrainer entlassen. Wie hoch war ihr Anteil in Schleswig-Holstein?
[1] Die Nähe Dänemarks spiegelte sich immer in den Beschäftigtenzahlen der Dänen wider: "Nicht weniger als 69,8 v.H. der im Reich beschäftigten Dänen (insgesamt 31.000) arbeiteten im Gebiet der Nordmark", heißt es im 'Arbeitseinsatz' 12/41.