Auch der Anspruch, eine möglichst umfassende Aktendokumentation zu präsentieren, konnte nicht erfüllt werden. ("Bezogen auf die gewählten Suchwege können wir den Anspruch der internen Vollständigkeit erheben", Zwangsarbeit, S.588.) Eine detaillierte Übersicht der vom IZRG erfassten Akten befindet sich im Gutachten auf den Seiten 26-34. Was immer genau die oben zitierte Formulierung beinhalten soll - gerade die geschilderten Suchwege weisen in Bezug auf die erfassten Aktenbestände Lücken auf. Es sind z.B. weder die Akten zum geplanten Bau von Baracken noch die Akten zur Erteilung von Schankkonzessionen in Barackenlagern oder die Polizeiakten durchgängig berücksichtigt worden. Es fehlen u.a.
- LAS Abt.320 RD ungeordnet, Bündel 483, vorläufige Nr.5 (Pläne der Kriegsmarine-Werft in Kiel zum Bau von Barackenlagern in Neumünster-Einfeld und in Bordesholm; Pläne der Deutschen Werke Werft in Kiel zur Errichtung von Barackenlagern in Raisdorf, Flintbek, Boksee, Wankendorf, Klein Barkau und Wattenbek.)
- LAS Abt.320 RD ungeordnet, Bündel 37, Nr.905 (Antrag der Deutschen Werke Werft in Kiel auf Genehmigung eines Kantinenbetriebs im Lager Wattenbek, mit detaillierten Lageplänen und Gebäudegrundrissen.)
- LAS Abt.320 Plön, Nr.3012 (Antrag der Deutschen Werke Werft in Kiel auf Genehmigung eines Kantinenbetriebs im Lager Boksee, mit detaillierten Lageplänen und Gebäudegrundrissen.)
- LAS Abt.320 Plön, Nr.3078 (Antrag der Baugesellschaft Kiel auf Genehmigung eines Kantinenbetriebs im Gemeinschaftslager "Elmschenhagen-Ost".)
- LAS Abt.320 Plön, Nr.3137 (Streng geheimer Antrag der Feinmechanischen Werke Neumühlen in Kiel auf Genehmigung eines Kantinenbetriebs im Lager Hohwacht, Gemeinde Neudorf.)
- LAS Abt.320 Plön, Nr.3223 (Antrag der Deutschen Werke Werft in Kiel auf Genehmigung eines Kantinenbetriebs im "Ostarbeiter-Lager" Raisdorf-Rosensee, mit detaillierten Lageplänen und Gebäudegrundrissen.)
- Akte 320 Segeberg, Nr.224 (Nach Orten sortiert werden im April 1941 ca. 2.100 ausländische Arbeitskräfte aufgelistet).
Die Formulierung, dass es möglicherweise in anderen Provenienzen weitere Informationen zu entdecken gäbe (Zwangsarbeit, S.588), macht deutlich, dass die Autoren sich in Bezug auf die vollständige Erfassung aller relevanten Aktenbestände doch nicht so sicher gewesen sind. Selbst die Auswertung der einzelnen Beiträge des Gutachtens hinsichtlich der darauf basierenden Quellendokumentation kann nur als mangelhaft bezeichnet werden: Aus der Abteilung 410 des Landesarchivs in Schleswig (LAS) wird sogar im Gutachten zitiert, sie findet in der Zusammenstellung auf den Seiten 24-36 der Gutachtenfassung jedoch keine Berücksichtigung. Die ebenfalls fehlenden Justizabteilungen LAS Abt.351, 352 und 357 beinhalten mehrere Hinweise auf Zwangsarbeiter, um weitere Provenienzen zu benennen. Wer die benutzten Quellen für das Buch zur "Zwangsarbeit und Krankheit" betrachtet, merkt, dass die Autoren auf den gleichen Suchwegen wie bei dem Buch "Ausländereinsatz in der Nordmark - Zwangsarbeitende in Schleswig-Holstein" weitere Bestände gefunden haben, die sie vorher übersehen hatten. Andererseits: Welche Bedeutung die Akten des 1932 aufgelösten Kreises Bordesholm für die Zwangsarbeit besitzen sollen, entzieht sich der Vorstellungskraft des Rezensenten (vgl. Zwangsarbeit, S.592 und Krankheit, S.332).