Das Antwortschreiben der Kieler Baufirma Habermann & Guckes (26. November 1946)

 

[mitverantwortlich für den Bau des Bunkers Konrad auf dem Werftgelände von DWK 1943/44]

 

Hier sollte das Schreiben der Kieler Baufirma Habermann & Guckes von 1946 erscheinen!
[Arolsen Archives, Ordner 9069800, Dokument 82411477]

 

Die Geschäftsleitung von Habermann & Guckes war natürlich auch daran interessiert, mit dem Unternehmen möglichst schnell wieder am Wirtschaftsleben teilnehmen zu können. Deshalb zeigte man sich bei der Suchaktion von 1946 auch sehr kooperationsbereit und bat sogar um Entschuldigung, dass man beim ersten Übersenden der Listen vergessen hätte, zu jedem Einzelnen der Beschäftigten das "Austrittsdatum" anzugeben. [1]

Eine genaue Auswertung der beiden Listen hat ergeben, dass der Kieler Baufirma schon im Frühjahr 1940 vom Arbeitsamt 34 Polen bewilligt worden sind: Es handelte sich um 13 Männer aus Lódz ("Litzmannstadt"), 6 Männer aus Poznan (Posen) und 15 Männer aus Wloclawek (Leslau). Der Jüngste von ihnen war Tadeusz Aleksanderek mit gerade mal 14 Jahren. Sein Vater Adam Aleksanderek gehörte auch zu der Gruppe, die damals allerdings nicht in Kiel untergebracht wurde.

Habermann & Guckes betrieb schon seit 1929 ein Kieswerk in Brüggerholz (östlich des Dorfes Reesdorf). Eine Schmalspur-Loren-Bahn führte von dort in südwestlicher Richtung zur Verladestation am Bordesholmer Bahnhof. [2] Direkt neben der Verladestation wurde 1940 eine neue Holzbaracke (auf dem Gebiet der Gemeinde Wattenbek) errichtet. Diese Baracke in Wattenbek diente als Unterkunft für die (zwangsweise) ins Deutsche Reich vermittelten Arbeitskräfte aus Polen.

 

[Die neu erbaute Baracke in Wattenbek: Es geschah dort alles unter der Aufsicht des "Führers".]

Einer von Ihnen war gesundheitlich angeschlagen, hatte Heimweh und ist schon nach kurzer Zeit am 28. Juli 1940 im Alter von 19 Jahren verstorben. Es handelte sich um Wladislaw Walkowiak, der von seinen Landsleuten in Bordesholm auf dem dortigen Friedhof beerdigt worden ist. [3]

 

[Vordere Reihe ganz rechts: der damals 14jährige Tadeusz Aleksanderek. Hintere Reihe der Vierte von rechts: der Vater des verstorbenen Wladislaw Walkowiak.]

 

[Ryszard Samulczyk wurde 1943 mit "seiner" Lokomotive nach Kiel zum Bau des Bunkers Konrad verlegt.]

Die körperlich schwere Arbeit im Kieswerk (u.a. mit großer Staubentwicklung) hat bei dem gelernten Buchdrucker Ryszard Samulczyk zu einer chronischen Bronchitis geführt. Der für die Belegschaft zuständige Arzt intervenierte und sorgte dafür, dass Samulczyk andere Tätigkeiten zugewiesen wurden. Schließlich gelang ihm sogar der "Aufstieg" zum Lokomotivführer - aber nur, weil von den deutschen "Kollegen" so viele zur Wehrmacht einberufen worden waren.

 

[Der U-Boot-Bunker "Konrad" wurde vom April 1943 bis Ende Oktober 1944 auf dem Gelände der DWK gebaut. (Foto: Stadtarchiv Kiel)] [4]

Das Kieswerk von Habermann & Guckes in Brüggerholz wurde im Verlauf des Jahres 1943 geschlossen, da es dort nicht mehr genügend Kies gab. Die verbliebenen Zwangsarbeiter aus Polen werden zum Teil bei den umfangreichen Abbrucharbeiten für die Kieswerksanlgen eingesetzt worden sein. Viele von ihnen erhielten aber jetzt ihren Arbeitsplatz in Kiel, denn Habermann & Guckes war dort beim Bau des U-Boot-Bunkers „Konrad” engagiert. Die Firma „war für die kaufmännische Bearbeitung zuständig. Sie stellte einen Teil der Baumaschinen, den zweiten Bauleiter [sowie] deutsches und ausländisches Baupersonal”. [5]

Stanislaw Jesionek gehörte zu denjenigen, die ab 1944 jeden Morgen zum Bordesholmer Bahnhof marschierten und dann mit dem Zug nach Kiel fuhren. Sie mussten beim Bunkerbau helfen oder wurden zu anderen Arbeiten auf dem Gelände der Deutschen Werke Werft (DWK) eingesetzt. Dort herrschten ganz andere Verhältnisse als in den Kiesgruben von Brüggerholz: Der Rüstungsbetrieb DWK beschäftigte zur damaligen Zeit in seinem Werk in Kiel-Gaarden rund 2.000 ausländische und 12.000 deutsche Arbeiter. Das Werk der DWK in Friedrichsort verfügte über weitere 4.000 Beschäftigte, davon waren ca. 1.000 Zwangsarbeiter aus dem Ausland. Bei der Kriegsmarinewerft (KMW) war die Anzahl der Zwangsarbeiter noch höher, sie betrug rund 4.000 Personen. Das waren etwa 20 % aller Beschäftigten der KMW. [6]

Es gab vier Polen, die im März und April 1944 gänzlich aus Wattenbek abgezogen und beim U-Boot-Bunkerbau auf dem Gelände der Deutschen Werke Werft in Kiel eingesetzt wurden. Sie erhielten Schlafplätze in Wohnbaracken der DWK innerhalb Kiels. Es handelte sich außer Ryszard Samulczyk noch um Hermann Matuszewski (Lódz), Stanislaw Piasecki (Poznan) und Tadeusz Aleksanderek (Lódz). Der damals 18jährige Aleksanderek hatte bis dahin seine gesamte Jugend (seit 1940) als Zwangsarbeiter im Deutschen Reich verbringen müssen. Von ihm ist bekannt, dass er jetzt im DWK-Lager in Kiel-Katzheide untergebracht war. Stanislaw Piasecki ist am Ende des Krieges ernsthaft erkrankt. Er durchlief im Mai und Juni 1945 mehrere polnische DP-Lager in Kiel und wurde im Juli 1945 von einer Familie in Schweden aufgenommen und gepflegt.

 

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© Uwe Fentsahm (Brügge, Februar 2025)


[1] Es gibt ein Anschreiben von Habermann & Guckes vom 21. November 1946 und ein Anschreiben vom 26. November 1946 (Arolsen Archives, Ordner 9069800, Dokument 82411476 und 82411477).

[2] Das Kieswerk von Habermann & Guckes in Brüggerholz.

[3] Die Beerdigung von Wladislaw Walkowiak 1940 in Bordesholm.

[4] Jörg Tillmann-Mumm: Der „Fremdarbeitereinsatz” in der Kieler Rüstungsindustrie 1939-1945, masch. Magisterarbeit, CAU Kiel 1999, S. 78, Anm. 229.

[5] Sönke Neitzel: Die deutschen Ubootbunker und Bunkerwerften, Koblenz 1991, S. 93.

[6] Zahlenangaben von Jörg Tillmann-Mumm (wie Anm. 4) im Anhang S. XVI.