Zwangsarbeit auf Gut Kaden

[Auszüge aus einem Brief von Wladyslawa R.vom 26. August 2002 an Janine Ullrich]

Sie haben gefragt, wie wir nach Deutschland zum Arbeiten gekommen sind. Also, bei einer Razzia der Deutschen wurden ganze Familien gefangen genommen, sogar Kinder haben sie verhaftet. Weil meine Mutter krank war, hat man sie zusammen mit meinem Vater nach Hause geschickt. Ich war damals 15 Jahre alt, mein Bruder 16 und halb Jahre, da waren wir schon arbeitsfähig und auch Kinder in diesem Alter hat man zum Arbeiten nach Deutschland geschickt. Wir wurden mit dem Zug vom Bahnhof "Ruskie Piaski" nach Segeberg in Deutschland gebracht. Dort waren wir 10 Tage in einem Durchgangslager, bis uns zwei Herren vom Gut Kaden abgeholt haben. Mit uns kamen noch zwei Familien mit Kindern (Namen: G... und Z...). Wir wohnten in einer gemauerten Baracke, die vor dem Krieg für Arbeiter errichtet worden war.

Wir hatten eine Küche im Flur, ein Waschbecken, einen Brunnen auf dem Hof, aus den wir mit einem Eimer das Wasser geholt haben. Zum Schlafen hatten wir Etagenholzpritschen; ich schlief oben und mein Bruder unten.

Sie fragen welche Arbeiten wir verrichtet haben, also wenn das Wetter gut war, haben wir von 6.00 Uhr morgens bis 20.00 Uhr abends auf dem Feld gearbeitet. Beim schlechten Wetter haben wir verschiedene Arbeiten in der Scheune verrichtet, die für uns Kinder zum Teil sehr schwer waren, da es damals keine Maschinen gab. Sie haben uns Kinder (zwei Mädchen und drei Jungs) auch zum Weiden von ganzen Viehscharen geschickt.

Auf dem Gut haben Russen, Franzosen, Holländer, Italiener und Polen gearbeitet. Am schlimmsten hat man die Russen behandelt.

Zum Essen gab es: Kohlrüben, Kartoffel, 25 g Margarine pro Tag, 1 kg Brot pro Woche. Wir haben bei der Ernte dann Kartoffeln in unsere Hosentaschen versteckt, die wir dann in der Baracke gekocht haben. Die Deutschen, die auf uns aufpassten, haben das gesehen, aber sie haben es geduldet, weil sie genau wussten, wie hungrig wir alle waren.

Ich möchte noch einen Jungen erwähnen, der während der Feldarbeit auf uns achtgegeben hat. Er kam aus einer guten deutschen Familie und hieß Werner. An seinen Nachnamen kann ich mich nicht mehr erinnern. Seine Mutter, die ein gutes Herz hatte, kochte und ernährte zusätzlich die russischen Gefangenen, die auf Gut Kaden gearbeitet haben. Drei Brüder von Werner sind im Krieg gefallen und deswegen betreute die Mutter die Gefangenen.