Unterbringung

Nach Artikel 3 haben die Gefangenen Anspruch auf Achtung ihrer Person und ihrer Ehre, dazu gehört auch eine entsprechende Unterkunft. „Die Kriegsgefangenen sind in Häuser oder Baracken unterzubringen, die jede mögliche Gewähr für Reinlichkeit und Zuträglichkeit bieten. Die Räume müssen vollständig vor Feuchtigkeit geschützt, genügend geheizt und beleuchtet sein. Gegen Feuergefahr müssen alle Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden“ (Art. 10).

Als Unterkünfte wurden u.a. im Stalag XA benutzt: Gaststätten, Scheunen, Garagen, Fabrikgebäude, Holzbaracken, Schuppen, Schulen, Tordurchfahrten.

Klagen über die Unterbringung betrafen besonders die Waschmöglichkeiten, die Ungezieferplage und die Heizung.  

Waschmöglichkeiten

Im Stammlager trafen die Gefangenen im November 1940 akzeptable hygienische Verhältnisse an. Nach dem Winter sah die Lage anders aus. „Die Duschen werden einmal im Monat für die Lagerarbeiter angestellt und unregelmäßig für die anderen Kriegsgefangenen. Es erscheint wünschenswert, daß jeder Kriegsgefangene alle 2 Wochen duschen könnte. Der Wassermangel macht sich bei einer Kompanie von Kriegsgefangenen (immerhin 196 Mann) schon bemerkbar: es gibt nur einen Wasserhahn, der Rest der Leitungen ist im Winter geplatzt. Die Delegierten haben dem Kommandanten des Lagers vorgetragen, daß sie wünschten, daß die Wasserverteilung so sein sollte, daß eine bessere Körperhygiene und Kleiderwäsche ermöglicht würde“ (21. 6. 1941). Die Genfer Konvention bestimmte: „Außerdem und unbeschadet der Benutzung der Bäder und Brausen, mit denen die Lager soweit als möglich zu versehen sind, ist den Kriegsgefangenen zur Reinhaltung ihres Körpers eine ausreichende Menge Wasser zur Verfügung zu stellen“ (Art. 13.).

Am 18. 11. 1941 wurde die Erweiterung der Waschräume angekündigt, die auch durchgeführt wurde. In der Beschwerde vom 10. 3. 1945 wurden die Verbesserungen der sanitären Verhältnisse, aber auch die Auswirkungen des Krieges ersichtlich:

 „Es gibt genügend Wasser im Lager. Die Waschräume sind gut ausgebaut. Die Gefangenen konnten seit 1 ½ Monaten nicht mehr duschen, weil die Duschen seit einiger Zeit auch von Zivilisten aller Nationalitäten und sogar von Militärpersonen benutzt werden.“

 Klagen kamen beispielsweise aus dem Kommando 183 Lübeck (7. 10. 1943) und dem Kommando 1162 Alt Duvenstedt (18. 4. 1944).  

Heizung

Deuten schon die geplatzten Wasserleitungen in den Waschgelegenheiten auf eine mangelnde Heizung hin, so wird hierüber erneut am 5./ 6. 11. 1942 Beschwerde geführt. Im Krankenrevier war es laut Bericht vom 8. 10. 1944 zu kalt. Im Winter 1945 verschärft sich dieses Problem:

 „Das Problem der Heizung ist in diesem Winter nicht gelöst worden. Die Gefangenen haben keine Kohlen erhalten. Nur die Krankenstation hat 3 Briketts und einen Sack Torf pro Tag und Zimmer bekommen. Der französische Arzt selbst hat sich darüber beklagt. Er hat den Delegierten erklärt, daß die Räume der Krankenstation überhaupt keine Heizmöglichkeiten haben. Nur der Behandlungs- und Verbandsraum können geheizt werden. Der Lagerkommandant hat dem Delegierten erklärt, daß sich Norddeutschland in dieser Hinsicht in einer ungünstigen Lage befindet, denn es sei mangels Transportmitteln schwierig, Kohle von der Ruhr zu erhalten. Außerdem fehlt es in der Gegend an Wäldern. In diesem Winter gab es für niemanden Heizung, weder für Zivilisten noch für die Gefangenen. Der Delegierte hat dennoch bedauert, daß die Heizmöglichkeit so schlecht gesichert worden ist. Der Lagerkommandant hat ihm versprochen, das Nötige gegenüber der Forstverwaltung zu unternehmen, um das Abholzen einiger Bäume zu erreichen“ (10. 3. 1945).  

Beispiele aus den Kommandos:

-         414 Schülp: Heizung ungenügend (5./ 6. 11. 1942),

-         991 Neumünster: Baracken nicht für den Winter eingerichtet, keine Besserung möglich (18. 10. 1944),

-         600 Itzehoe Region: keine Heizmöglichkeit (6. 10. 1943),

-    im Krankenrevier Elmschenhagen wurden im Oktober Erfrierungen behandelt (7. 10. 1944).  

Ungeziefer

Obwohl im Stammlager und in den Städten Desinfektionsanlagen eingerichtet waren, wurde über Flöhe und Läuse geklagt, z.B. die Berichte über das Stalag vom 23. 4. 1941 und 5./ 6. 11 1942 und am 23. 6. 1943 aus Heide. Der Bericht vom 18. 11. 1941 schildert folgende Zustände: 

„Die Gefangenen schlafen direkt auf den Brettern, um nicht von Ungeziefer geplagt zu werden. Sie haben in der Tat im Frühjahr das Stroh ihrer Strohsäcke verbrannt, weil diese eine zu große Zahl von Flöhen und Läusen enthielten. Sie hätten sich sehr gewünscht, frisches Stroh oder Holzwolle oder was auch immer sie erhalten könnten, in ihren Besitz zu bringen für den Winter.“

 

Zusammenleben der Nationen

Die Besucherberichte beschreiben fast ausschließlich die Situation der Franzosen und Belgier, selten erscheint ein Hinweis auf andere Nationalitäten, z.B.

-         Kommando Eckernförde-Borby auf Jugoslawen (11. 8. 1942),

-         Kommando 1092 Kiel auf Sowjets, die in einem anderen Teil der Schule untergebracht waren (16. 4. 1943).

Die anfangs gemeinsame Unterbringung mit den Polen führte zu Auseinandersetzungen, die auch in den Berichten wiederzufinden waren:

 „Das Gemeinschaftsleben mit den polnischen Gefangenen in diesem Lager ist für unsere Landsleute äußerst schwierig. Die Polen, welche häufig deutsch sprechen und es ausgezeichnet verstehen, sich zu helfen, nehmen den Großteil der zugewiesenen Plätze im Lager ein. Im Revier, in der Küche, in den Ausbesserungswerkstätten sind die Polen in der Mehrheit (ein einziger Franzose in der Küche, 50 Franzosen in den Werkstätten gegenüber 180 Polen). Sie bewohnen dieselben Räume. Der Delegierte hat gefordert, daß man eine neue Aufteilung der Räume vornimmt, so daß die Franzosen wenigstens zusammen wohnen können“ (28. 7. 1941).

 Die Forderung, dass die Räume neu aufgeteilt werden sollten, wurde anscheinend relativ schnell erfüllt, sie entsprach dem Artikel 9: „Die Kriegsführenden haben die Zusammenlegung von Gefangenen verschiedener Rassen und Nationalitäten in einem Lager möglichst zu vermeiden.“

Im November 1942 erfolgt erneut eine Klage über die Besetzung der Posten. Die Polen würden immer noch die wichtigsten Stellen im Lager besetzen, obwohl sie zahlenmäßig weniger wären. Der Geist im Lager würde besser sein, wenn diesem Antrag entsprochen würde, hieß es.

Da in den folgenden Berichten keine diesbezüglichen Forderungen mehr erhoben wurden, kann davon ausgegangen werden, dass der Zustand zur Zufriedenheit der Franzosen geändert wurde.

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