Post

Über die Post gab es kaum Klagen. Die Gefangenen konnten Briefe schreiben und empfangen. Die Anzahl wurde durch die Ausgabe und die Zensur festgelegt. Im Juni 1941 erhielt jeder Gefangene zwei Postkarten und Briefe und einen Aufkleber für ein Paket. Im Herbst 1944 kam es infolge des Kriegsverlaufes zur vorübergehenden Einstellung des Postverkehrs (17. 11. 1944). Im Frühjahr 1945 wird wieder bestätigt, dass die Postzuteilung regelmäßig erfolgt. Allerdings seien einige Briefe 3 Monate alt (10. 3. 1945).

Anfangs wurden die Pakete an Einzelpersonen durch das Wachpersonal im Beisein des Vertrauensmannes geöffnet, später konnten die Empfänger, falls sie es wünschten, anwesend sein. Die Verteilung der Lieferungen an das Stammlager (Liebesgaben) wurde durch den Vertrauensmann bestätigt, während er bezüglich der Versorgung der Kommandos keinen Einfluss hatte, diese oblag dem Zahlmeister (28. 7. 1941). Den Gefangenen übersandte das französische Rote Kreuz regelmäßig Pakete, pro Woche im Durchschnitt einen Waggon (21. 6. 1941). Die Auseinandersetzungen um diese Lieferungen werden im Abschnitt „Verpflegung“ näher beschrieben.

Bevor die Gefangenen ihre Post erhielten, wurde diese überprüft. Im Stammlager arbeiteten rund 90 Zensoren (22. 11. 1940).  

Kleidung

„Kleidung, Wäsche und Schuhwerk sind den Kriegsgefangenen durch den Gewahrsamsstaat zu liefern. Ersatz und Ausbesserung dieser Sachen müssen ordnungsgemäß gewährleistet sein. Außerdem müssen die arbeitenden Kriegsgefangenen stets einen Arbeitsanzug erhalten, wenn die Art der Arbeit dies nötig macht“ (Art. 12).

Im Erlass vom 21. 8. 1940 wird bestimmt, dass „Arbeitskleidung, Lagergerät, Schlafdecken u. dgl. (...) im allgemeinen vom Unternehmer beschafft werden müssen.“ Dieses wird mit dem Erlass „Verhalten gegenüber Kriegsgefangenen“ noch einmal bestätigt: „Die (...) vorgeschriebene Arbeitskleidung (...) ist nicht von der Wehrmacht, sondern vom Betriebsführer zur Verfügung zu stellen.“ Trotz dieser Bestimmungen trägt der Kommandant des Stammlagers die Verantwortung für die korrekte Versorgung, Behandlung und Entlohnung der Kriegsgefangenen, wenn sie für Rechnung von Privatpersonen arbeiten.

Lediglich im ersten Bericht wird keine Klage über die Frage der Bekleidung geäußert. „Unterkleidung, Hosen, Uniformröcke und Mäntel sind in genügender Zahl vorhanden.“ Ein Engpass deutete sich allerdings schon an: „Stark erwünscht sind Schuhe (Stiefel), Socken und Unterbekleidung.“

Trotz der Unterstützung, z.B. Kleidersendungen durch das französische Rote Kreuz (21. 6. 1941 ff) für das Stalag und Hilfen für einzelne Kommandos verschlechterte sich der Zustand der Bekleidung stark. Auch die Kriegsgefangenen, die zur Reparatur der Kleidung und Schuhe im Stammlager (86 Schneider, 177 Schuhmacher am 5./ 6. 11. 1942) und den größeren Kommandos eingesetzt waren, konnten die Not höchstens etwas lindern. So erhielt z.B. das Kommando 1092 Kiel am 15. 9. 1944 für 110 Männer u.a. 10 Hosen, 10 Jacken, 5 Paar Schnürstiefel, 10 Paar Socken, 10 Hemden, 10 Unterhosen.

Einige Beispiele über die schlechte Kleiderversorgung aus den Kommandos seien hier genannt:

-         605 Neumünster: 30% arbeiten in einer Gerberei mit den Füßen im Wasser ohne Gummistiefel (19. 11. 1941),

-         861 Eckernförde-Borby: Schuhe und Hosen schlecht. Eine Hose alle 6 Wochen gewaschen. (7. 10. 1943),

-         1208 Lübeck Region: Hosen schlecht (7. 10. 1943),

-         509 Heide: Kleidung schlecht (23. 6. 1943).

Diese Liste ließe sich noch stark verlängern. Weder das Stammlager noch alle Unternehmer erfüllten die übernommenen Verpflichtungen.

„Wie überall ist die Kleidung der Franzosen in sehr schlechtem Zustand. Die Uniformen sind sehr abgetragen. Der Vertrauensmann hat den Zustand von Uniformen und Schuhen nachdrücklich bemängelt. Die meisten Männer tragen Holzschuhe. Das Stalag, dass mehr als 20000 Franzosen hat, verfügt über einen Vorrat von 150 Hosen, 5 Waffenröcken, 3 Paar Schuhen und 3 Mänteln.“ (10. 3. 1945).  

Ernährung

Im Artikel 11 wurde u.a. bestimmt: „Die Verpflegung der Kriegsgefangenen hat in Menge und Güte derjenigen der Ersatztruppen gleichwertig zu sein“ und „alle kollektiven Disziplinarmaßnahmen hinsichtlich der Ernährung sind verboten.“ Durch die Artikel 33 und 28 wurde garantiert, dass dieses auch für die Gefangenen gelten musste, die auf den Kommandos oder für Privatpersonen arbeiteten. In den Berichten taucht immer wieder auf, dass die Ernährung zufriedenstellend sei, aber nicht in genügender Menge verabreicht würde. „Die Menge entspricht nicht ganz den Wünschen der Kriegsgefangenen“ (21. 6. 1941). „Angemessen, aber sie könnte reichhaltiger sein“ (28. 7. 1941).

Im Verlauf des Krieges nehmen die Klagen zu: ungenügend, kein frisches Gemüse (10. 8. 1942). Auch die Kranken bekommen dieses zu spüren: „Die Nahrung ist nicht gerade reichlich, sie wird glücklicherweise durch persönliche Pakete und Liebesgaben vervollständigt“ (18. 4. 1944).

Im März 1945 lautet die Beschwerde: „Sie ist nicht ausreichend.“ Auch die Kranken erhielten die gleichen Mengen wie die gesunden Gefangenen:

Tägliche Ration: 250g Brot, 20g Zucker, 225g Kartoffeln, 20g Fett, 7g Mehl oder 400-500g Steckrüben, 40g Gerste, 75g Erbsen. Zusätzlich pro Woche: 75g Marmelade, 75g Käse, 90g Leber- oder Blutwurst.

Um eine gute Verpflegung zu erreichen, waren viele Gefangene auf die Pakete der Angehörigen und des Roten Kreuzes angewiesen. Diese trafen regelmäßig im Stammlager ein. Seit Juni 1943 wird geklagt, dass die Sendungen in steigendem Maße aufgebrochen und ausgeraubt wurden (24. 6. 1943, 7. 10. 1943). „Es kommt selten vor, daß ein Waggon intakt ankommt. Diese Verluste entstehen natürlich unterwegs und die deutschen Stellen sehen sich nicht in der Lage, diese immer häufiger auftretenden Plünderungen zu verhindern“ (10. 3. 1945).

Im Jahre 1944 erfolgte eine Anordnung des Kommandeurs der Kriegsgefangenen im Wehrkreis X, dass die Gefangenen auf den landwirtschaftlichen Kommandos 3 Konservendosen und die Kriegsgefangenen der industriellen Kommandos 5 Dosen aufbewahren dürften. Als Grund wurde angegeben, dass der „Schwarze Markt“ eingeschränkt und die Flucht behindert werden sollte (18. 4. 1944). Besonders die Anweisung, dass die Pakete nun in Hamburg am Dessauer Ufer gestapelt werden sollten, sorgte für Aufregung. Dort wäre keine ordentliche Kontrolle durch die Vertrauensleute möglich, gleichzeitig wäre die Gefahr des Verlustes durch Bomben sehr groß (8. 10. 1944).

Verstoßen gegen das Verbot der kollektiven Strafen wurde im Arbeitskommando 1092 Kiel dadurch, dass u.a. durch Vorenthaltung der Rot-Kreuz-Pakete Druck auf seine Mitglieder ausgeübt wurde. Die Kriegsgefangenen, die im Stammlager untergebracht waren, genossen nicht nur bezüglich der Ernährung ihren meisten Mitgefangenen gegenüber eine Sonderstellung: „Diese Kriegsgefangenen, deren Aufgabe es ist, das Funktionieren des Stalags zu gewährleisten, leben in guten materiellen Verhältnissen und haben nur eine Befürchtung, nämlich die, das Stammlager verlassen und zum Kommando gehen zu müssen“ (26. 1. 1941). In den Kommandos war die Ernährung recht unterschiedlich, die Klagen kamen fast ausschließlich aus dem städtischen Bereich. Die Beschwerden reichen von allgemeinen bis zu sehr detaillierten Angaben:

-         543 Glückstadt: Qualität sehr schlecht, zustehende Zusatzverpflegung verweigert (26. 6. 1943),

-         857 Lübeck Region: Verpflegung sehr ungenügend (7. 10. 1943),

-         1157 Elmshorn: Verpflegung ungenügend, Kartoffelration gekürzt (9. 1. 1942),

-         223 Schleswig: Ernährung ungenügend (11. 8. 1942),

-         509 Heide: Ernährung schlecht (7. 10. 1943),

-         394 Barenfeld II: tägliche Ration besteht aus Brot: 375g, Margarine: 26g, Wurst: 32g, Käse: 7g, Marmelade: 25g, Zucker: 25g (9. 1. 1942).

Ganz im Gegensatz zu den Bestimmungen des Genfer Abkommens schuf der Erlass „Verhalten gegenüber Kriegsgefangenen“ die Möglichkeit, die Ernährung als Druckmittel gegen die Gefangenen einzusetzen. Einer ausreichenden Ernährung muss „eine entsprechende Arbeitswilligkeit gegenüberstehen“. Ob diese Voraussetzungen erfüllt wurden, entschied der Kommandoführer.

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