Einigen ausländischen Arbeitskräften war es (zeitweise) gestattet,
in Privatquartieren zu wohnen!

 

Der Niederländer C. Schilt berichtete 1994 als Zeitzeuge: "Anfangs wohnte ich privat in Lübeck ..."[1]

 

"Im Dezember 1943 wurde ich zu einer Holzhandlung mit Hobel- und Sägewerk versetzt. Die Firma hieß Gebrüder Krages, doch sie existiert jetzt nicht mehr. Der damalige Geschäftsführer Carl Louis Krages war ein sehr netter Mensch, der mich so wie seine deutschen Arbeitnehmer behandelte. Hier bin ich bis zum Kriegsende als Lohnbuchhalter tätig gewesen."

"Anfangs wohnte ich privat in Lübeck (das Werk war in Lübeck-Schlutup), aber nachher - ich glaube nach dem Attentat des Grafen von Stauffenberg - durften ausländische Zivilarbeiter nicht mehr privat wohnen, und ich siedelte in ein kleines Werkslager um, wo auch einige Polen wohnten, und das neben dem Lager der russischen Kriegsgefangenen lag, die auch bei uns arbeiteten."

"In diesem kleinen Lager wohnte ich mit einem Landsmann zusammen, und wir waren frei und selbständig. Wir hatten nur die polizeilichen Verordnungen zu beachten, wie z.B., dass ab dem 1.10.1944 die Ausländer um 22 Uhr in ihren Unterkünften sein mussten."

"Ich hatte meine eigenen Lebensmittelmarken und Warenbezugskarten. Im Büro waren die Arbeitsverhältnisse für mich ziemlich normal, beinahe so wie zu Hause. Allerdings gab es keine jungen Männer. Die Kollegen waren ältere Männer und Dienstunfähige, sowie junge Mädchen. Der Chef war ein sehr anständiger Mensch, den ich in dankbarer Erinnerung behalte."[2]

C. Schilt bemerkte aber auch selbstkritisch: "Wenn man meine Erfahrungen während des Krieges in Deutschland vergleicht mit denen vieler meiner Landsleute, dann muss man sagen, dass ich viel Glück gehabt habe."

"Ich hatte es verhältnismäßig gut. Das hatte vorerst seinen Grund in der Tatsache, dass ich vor dem deutschen Arbeitseinsatz beim Arbeitsamt Rotterdam beschäftigt war, so dass ich mit gefälschten Bescheinigungen usw. ziemlich günstige Standorte und Stellungen erreichen konnte. So kam ich am 14. August 1943 nach Neumünster und einige Tage später in der guten, alten Hansestadt Lübeck an."[3]

 

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[1] Der Brief von C. Schilt stammt vom 1.5.1994 und wurde auszugsweise wiedergegeben von Peter Meyer-Strüvy: Niederländische Zwangsarbeiter in Kiel und Lübeck, in: Informationen zur Schleswig-Holsteinischen Zeitgeschichte, hrsg. vom Arbeitskreis zur Erforschung des Nationalsozialismus in Schleswig-Holstein (AKENS), Heft 25 (August 1994).

[2] Ebd., S.22 f.

[3] Ebd., S.11

 

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