Das Antwortschreiben des Kieler Abbruchunternehmers Josef Niehenker (21. Oktober 1946)

 

Hier sollte das Schreiben des Kieler Abbruchunternehmers Josef Niehenker von 1946 erscheinen!
[Arolsen Archives, Dokument 70672707]

 

Der Kieler Unternehmer Josef Niehenker muss ein sehr umtriebiger und wandlungsfähiger Mann gewesen sein. Seine Berufsbezeichnung war eigentlich Abbruchunternehmer, aber mit dem Ende des Krieges hatte eine neue Zeit begonnen - er änderte den Firmenbriefkopf und nannte sich fortan "Demolition Contracter". Davon erhoffte er sich wahrscheinlich bessere Beziehnungen zu den Vertretern der britischen Besatzungbehörden und somit deutliche Vorteile für seine geschäftlichen Ambitionen: Für ein Abbruchunternehmen gab es zu diesem Zeitpunkt in Kiel wahrlich einiges zu tun.

Niehenker hatte das Schreiben des Senior Search Officers aus Hamburg am 14. Oktober 1946 erhalten und beantwortete es umgehend innerhalb von einer Woche. Damit wollte er seinen guten Willen zeigen und gab auch einige aufschlussreiche Erläuterungen: Bei ihm seien "nur wenige Dänen, Holländer, Franzosen und Belgier als Zivilarbeiter beschäftigt" gewesen. Nähere Auskünfte könne er darüber aber nicht geben, "da mir sämtliche Akten bei einem der letzten Angriffe verbrannt sind". [1]

Er habe aber auch Kriegsgefangene beschäftigt, und zwar "Russen aus dem Lager Raisdorf b. Kiel und Ukrainer aus dem Lager Rumohr b. Kiel. Die Arbeiter wurden morgens von meinen Polieren vom Bahnhof geholt und zur Arbeit gebracht und abends wieder zurück. Ich habe von den Gefangenen keine Papiere in meinem Besitz gehabt, da sie mir vom Lager nach Nummern aufgegeben wurden; und ich mit der Stadt Kiel auch eine Verrechnung in gleicher Weise vornahm." [2]

Hier zeigt Niehenker, dass er es mit der Wahrheit doch nicht so genau nahm, oder er wusste es einfach nicht besser: Wenn er Kriegsgefangene als Arbeitskräfte eingesetzt hätte, dann wäre die entsprechende Lohnabrechnung über das Kriegsgefangenen-Stammlager XA in Schleswig erfolgt. Die von ihm erwähnten "Russen" und "Ukrainer" sind zivile Arbeitskräfte gewesen. Das gilt ganz sicher für die Ukrainer aus dem Lager Rumohr, das von der Stadt Kiel betrieben und als umfangreiches Arbeitskräftereservoir genutzt wurde. [3]

In Raisdorf gab es die beiden von der Kieler Werft DWK betriebenen Lager Karkkamp (auch Lager Raisdorf II genannt) und das "Ostarbeiter-Lager Rosensee" (am Ufer der Schwentine gelegen). Sie dienten beide zur Unterbringung von zivilen Arbeitskräften aus dem Ausland (im Lager Karkkamp waren es überwiegend Italiener). Somit ist anzunehmen, dass Niehenker von der DWK Arbeitskäfte aus dem "Ostarbeiter-Lager Rosensee" bekommen hat. Demnach hätte auch die Lohnabrechnung mit DWK stattfinden müssen. [4]

 

Zurück

© Uwe Fentsahm (Brügge, Februar 2025)


[1] Arolsen Archives, Ordner 2.1.2.1 SH 008 7 DIV, Dokument 70672707

[2] Ebd.

[3] http://www.zwangsarbeiter-s-h.de/KREIS/RD/Rumohr/Rumohr-0.htm

[4] http://www.zwangsarbeiter-s-h.de/STADT/Kiel/DWK-HDW/DWK6-Raisdorf.htm