„Unterwegs starben viele Leute -
sie wurden wie Müll rausgeschmissen.“

Wir waren inzwischen weitergefahren. Nun allein, fast verrückt vor Angst um meinen Vater und meine Familie, ging die Fahrt bis zu einer Bahnhofsstation. Dort standen Zugwaggons ohne Fenster – Viehwaggons. Soldaten schrieen, dass wir alle da rein müssen. Drinnen waren sehr viele Leute, 40, 50, vielleicht auch mehr. Auf dem Boden war ein bisschen Stroh. Teilweise lag fast jeder auf jedem, wie Sachen gestapelt.

Während der Fahrt spürte man die Angst aller. Manche stöhnten, viele weinten, andere redeten völlig durcheinander. Ich hatte auch Angst, große Angst. Ich sprach aber zu mir selbst, dass Angst und Weinen auch nicht weiterhelfen. Trotzdem hatte ich sie, die Angst – und ich weinte auch. Wer sein großes oder kleines Geschäft verrichten musste, tat dies in einer Ecke - irgendwie. Vor allen anderen. Es war furchtbar. Und es stank entsetzlich.

Unterwegs hielt der Zug einmal. Alle Frauen mussten aus dem Waggon aussteigen und sich draußen vollständig nackt ausziehen. Dann wurden wir in eine Art großes Badezimmer geschickt und mussten danach – immer noch nackt – vor deutschen Offizieren antreten. Die winkten sich, indem sie mit ihren Fingern auf bestimmte Mädchen zeigten, die schönsten Frauen raus. Wir anderen durften uns wieder anziehen und wurden in die Viehwaggons zurückgescheucht. Von den Mädchen, für die sich die Offiziere entschieden hatten, hat nie wieder jemand etwas gehört.

Wir fuhren fast eine Woche, das war schrecklich, es war schwül. Wir hatten Durst und Hunger. Wir sahen auf der ganzen, langen Fahrt nie den Himmel. Unterwegs starben viele Leute. Sie wurden wie Müll rausgeschmissen. Niemand sagte mehr etwas. Man hörte ringsherum nur Weinen. Weinen und Stöhnen. Alle wollten raus, aber das war unmöglich. Trotzdem bemühten wir uns, einander mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Alle überlegten: „Was kommt? “ Das Gebet half sehr viel.